Beschreibung
Der letzte Kongress der italienischen Kommunist*innen, auf dem die Partei zu Grabe getragen wurde, tagte im Jahr 1991. Es war durchaus ein bewusster Freitod, angetrieben durch den Wunsch nach einem Neuanfang. Doch der fand niemals statt, und damit verlor die Welt ein unschätzbares politisches, organisatorisches und theoretisches Erbe. Die PCI markiert fast ein Jahrhundert italienischer Geschichte, von der Gründung im Jahre 1921 über den Partisanenkampf und die Wende von Salerno 1944, die Entstalinisierung von 1956, die lange Phase von ’68 bis zum Historischen Kompromiss, schließlich die verpasste Gelegenheit zur demokratischen Transformation. Lucio Magri, eine charismatische Figur der italienischen Linken, hat ein Buch geschrieben, das weit mehr ist als eine auf Italien reduzierte Dokumentation der kommunistischen Erfahrung. Ausgangspunkt ist der Erste Weltkrieg und mit ihm die Oktoberrevolution, die ausbleibenden Revolutionen im Westen, die Dialektik von Bürgerkrieg, innerer Militarisierung und Bürokratisierung. All dies bringt Magri scharf und klar zur Sprache. Der Schneider von Ulm ist eine Geschichte des 20. Jahrhunderts, rekonstruiert in der Perspektive, die kommunistische Frage offen zu halten. Mit Strenge und Leidenschaft verbindet Der Schneider von Ulm eine kundige Interpretation der Geschichte der italienischen Linken mit der Lebenserfahrung eines militanten »Ketzers«. Neben einer fundierten Reflexion über den westeuropäischen Kommunismus liefert Magri erhellende Erkenntnisse zum modernen Italien.